Sonntag, 3. Oktober 2010

Lügner.

''Mia, steh auf!'' , ertönte es aus dem Flur. Ich verdrehte die Augen und drehte mich in meinem Bett nochmal um. ''Miiiiia!'', hörte ich meine Mutter erneut schreien. ''Jaa, ich steh ja auf!'' Mit breiten Augenringen erhob ich mich aus meinem klapperigen Bett. 'Waren gestern Abend auf der Party doch etwas zu viele Bier', dachte ich mir. Aber ich hatte sowieso keine Lust auf Schule, also was soll's? So langsam es ging zog ich mich an, damit ich nicht mit dem Bus fahren musste. Wimperntusche und Kajal drauf, die Augenringe abdecken und ab in die Küche.Dort angekommen erntete ich erstmal die entsetzten Blicke von meiner Mutter. ''Sag mal, wie siehst du denn aus? Warst du gestern etwa doch auf der Pary, obwohl ich es dir verboten hatte?'' Ich verdrehte die Augen und setzte mich an den Tisch. ''Juckt dich doch eh nicht, gibs doch zu! Du hällst mir jetzt nur so 'ne Rede weil dein cooler neuer Freund da ist. '' Meine Eltern waren getrennt und ich lebte natürlich bei meiner Mutter. Von meinem Vater bekommen wir nur Unterhalt, den Rest intressiert ihn nicht. Genau in diesem Moment kam Mamas Freund rein, natürlich nur ein Handtuch an. Ich schüttelte nur den Kopf, stand auf, schnappte mir meine Tasche und verschwand nach draußen. Ohne Jacke, obwohl es sau kalt war, rannte ich mit Tränen in den Augen zum Bus, den ich gerade noch so bekam. Vielleicht war ich äußerlich stark und konnte viel vertragen, doch innerlich war ich mit der ganzen Situatuon überfordert. Davon lies ich mir jedoch als ich im Bus saß nichts anmerken. Mitleid wollte ich schon garnicht. In der Schule angekommen starrten mich alle an. Oder kam mir das nur so vor? Erste Stunde Englisch, super. Ich seufzte kurz und betrat dann den Klassenraum. Die Stunde ging rum, wenn auch langsam. So auch der Tag. Ich nahm den Bus nach der sechsten Stunde, obwohl ich acht hatte. Ich wollte nurnoch in mein Bett. Zuhause angekommen schmiss ich die Tür zu und legte mich ins Bett. Ich machte die Musik so laut es ging und versuchte abzuschalten. Ich schlief ein. Als ich wieder aufwachte war er schon Abend und meine Mutter stand mitten in meinem Zimmer. ''Mia, guck doch mal wie's hier aussieht. Wie im Schweinestall! Kannst du nicht mal aufräumen?'' Wieder so eine Standpauke, das konnte ich jetzt garnicht ab. ''Mama, geh raus.'' ''Ja, ich und Alex gehen jetzt aus, bis später mein Schatz.'' Sie gab mir einen Luftkuss und verschwand dann. Endlich. Ich ging ins Wohnzimmer um etwas fernzusehen. Ich machte den Schrank über dem Resiver auf um nach ein paar Süßigkeiten zu schauen, da flogen mir Blätter entgegen. Ich zuckte erst die Schultern, beschloss jedoch dann sie zu lesen. Es waren Adoptionspapiere. Ich wurde adoptiert. Mir konnte es nicht fassen. Tränen schossen mir in die Augen. Meine 'Eltern' haben mir immer etwas vorgespielt, die ganzen Jahre. Eine meiner Tränen tropfte auf das Papier, ich lies es fallen und rannte raus. Ich rannte und rannte. Ein Ziel hatte ich nicht, aber diese Lügner wollte ich auf keinen Fall wiedersehen, nie wieder.
Die Nacht hatte ich in einem Hotel übernachtet, welches ich von meinem letzten Geld bezahlt hatte. Am Morgen beschloss ich dann zum Jugendamt zu gehen und meine wirklichen Eltern ausfindig zu machen. Dort angekommen wurde ich auch gleich beraten. Sie gab mir, da ich ja schon 16 war, die Telefonnummer meiner Mutter mit den Worten ich wäre eine 'Ausnahme'. Darüber war ich sehr froh, und rief meine Mutter auch gleich danach an. Sie war am Telefon erst etwas verwirrt, wer ich war, aber dann erkannte sie mich. Sie flippte fast aus und wollte mich sofort treffen. Ich stimme zu und zwei Stunden später trafen wir uns in einem café. Ich war etwas verunsichert, weil so weit ich es wusste hatte ich sie ja noch nie richtig gesehen. Doch als es dann soweit war, kam es mir vor als würden wir uns schon ewig kennen. Sie nahm mich als erstes in den Arm. ''Mum? Warum hast du mich damals zur Adoption freigegeben?'' Ich löste mich dann aus der Umarmung und sah sie fragend an. Ich war wirklich gespannt auf die Antwort. Sie seufzte leise und begann dann zu erzählen. ''Weißt du Mia, ich war sehr jung als ich dich bekommen habe. Und meine Mutter wollte das Kind nicht haben, dein Vater hat mich verlassen als er erfuhr dass ich schwanger war. '' Erneut stieß sie einen kurzen seufzer aus. ''Ja, und was sollte ich machen ohne die Unterstützung meiner Mutter? Ich war 15 und wusste keinen anderen Ausweg als dich zur Adoption freizugeben.'' Dann schloss sie mich erneut in den Arm und ich spürte, wie ihr ein paar Tränen über die Wange kullerten. ''Es tut mir alles so leid mein Schatz.''